Achim Hallerbach: Pro-Kopf-Jahres-Pauschale von 7.500 Euro greift zu kurz – Kritik an Bundesfinanzministerium
Kreis Neuwied. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber der reicht nicht aus“ – mit diesem ersten Fazit hat Landrat Achim Hallerbach auf die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz in der Nacht zum Dienstag in Berlin zur Aufteilung der Flüchtlingskosten und zur Verminderung der Flüchtlingszahlen reagiert.
Die Einigung sieht unter anderem vor, dass der Bund den Kommunen pro Asylbewerber eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro für diejenigen Flüchtlinge zahlen wird, die erstmals einen Antrag auf Asyl stellen. Vor dem Gipfeltreffen hatten die Länder eine Kopfpauschale von jährlich 10.500 Euro pro Flüchtling als realistisch angemahnt.

„Unsere ursprüngliche Forderung war bereits knapp kalkuliert. Aber zumindest waren die 10.500 Euro das Mindestmaß einer notwendigen `Bettdecke´, in die alle fundierten Berechnungen auf der Grundlage der Erfahrungswerte aus Land und Kommunen eingepackt waren. Durch die Streichung bleibt die Bettdecke leider zu kurz“, ahnt Achim Hallerbach, dass die 3.000 Euro Differenz von den Kommunen, die sowieso schon zu wenig finanzielle Mittel haben, zu schultern sind: „Diese Handhabe des Bundes, dem sprichwörtlichen nackten Mann in die Tasche zu greifen, lässt die Kommunen in der Zwickmühle verharren und ist fatal“, rückt der Landrat auch die Verpflichtung der Kommunen zum Schuldenabbau ins Blickfeld.

In diesem Zusammenhang äußerte der Landrat auch seine Verärgerung über Äußerungen aus dem Bundesfinanzministerium im Vorfeld der Bund-Länder-Verhandlungen:
„Wenn Professor Lars Feld in seiner Funktion als Wirtschaftsberater von Bundesfinanzminister Christian Lindner die Forderungen der Länder nach mehr Geld für die Kommunen zur Versorgung von Flüchtlingen mit der höhnischen Bemerkung verwirft, dass sie `andauernd mit neuen finanziellen Wünschen nach Berlin ziehen und den Bund wie eine Weihnachtsgans auszunehmen versuchen´, ist dieser Schlag ins Gesicht und an blankem Zynismus nicht mehr zu überbieten. Hätte der Bund im Verbund mit den europäischen Partnern frühzeitig effektive Instrumente zur Reduzierung des Flüchtlingsaufkommens konstruiert und eingesetzt, wären Land und Kommunen erst gar nicht in eine derartig verfahrene Situation geraten“, kritisiert der Landrat.

So aber sei die Grenze der Belastbarkeit längst überschritten, erklärt der Achim Hallerbach auch vor dem Hintergrund der großen Personallücke in der Betreuung der Asylbewerber. „Personal, das sowieso schon an allen Ecken und Enden fehlt, gibt es nicht zum Nulltarif“, teilt der Landrat die Auffassung des hauptgeschäftsführenden Direktors des rheinland-pfälzischen Landkreistages, Andreas Göbel.

Dieser hatte heute erklärt, dass die vereinbarte 7.500 Euro-Pauschale notwendige kostenintensive Integrationsmaßnahmen außer Acht lasse und somit zu gering ausfalle. Die Aufnahmekapazitäten seien nahezu komplett erschöpft, zudem handele es sich bei den Flüchtlingen mittlerweile vermehrt um junge, allein reisende Männer, die sich selbst überlassen würden. Eine solche Tendenz sei schon gegenüber den Betroffenen nicht zu rechtfertigen und gegenüber der Gesellschaft genauso verantwortungslos. Schließlich dürfe man ebenfalls nicht außer Acht lassen, dass es noch großer Anstrengungen bedürfe, die bereits hier lebenden Flüchtlinge zu integrieren.

Für Landrat Achim Hallerbach wird die Nagelprobe der erzielten Einigung darin bestehen, wie die Fragen der Verteilung der Gelder geklärt werden und wie eine entsprechende Einigung zwischen Land und Kommunen ausfällt. Das Land habe zwar einen wachsenden Zustrom von Flüchtlingen in die Kommunen bislang abgefedert, sei aber auch an der Kapazitätsgrenze angekommen. Und dann, so die Befürchtung des Landrates, wird schlussendlich doch verstärkt an die Kommunen verteilt werden müssen.