„Dort, wie ein schwarzer Riese ruht der Rhein“
[Friedrich Wolf]
Am 8.Mai dieses Jahres erinnert die Welt zum 80sten Mal an das Ende des zweiten Weltkrieges und damit auch an den Untergang des Naziregimes. Nicht nur auf den Schlachtfeldern sind Millionen von Menschen dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer gefallen, sondern auch Hunderttausende innenpolitischer Gegner. Sie ermordeten systematisch sechs Millionen jüdische Menschen aus ganz Europa. In rücksichtsloser Weise wurden jüdische Kulturschaffende wegen ihres Glaubens oder ihrer politischen Orientierung ausgegrenzt, in die Emigration, in den Suizid getrieben. Ermordet. In der jüngsten Zeit erleben wir weltweit eine Renaissance autoritärer und faschistischer Bestrebungen, die unsere Demokratie bedrohen. Angesichts dieser Situation lädt der Verband deutscher Schriftsteller*innen [VS] in ver.di in Köln und Rheinland-Pfalz-Saar zu einer Veranstaltung ein, um den Blick auf zwei jüdische Kulturschaffende zu richten, die von den Schergen des Nazi-Systems zu „unwertem Leben“ erklärt, auf besonders perfide Weise zu Opfern der NS-Euthanasie wurden.
Wir wollen an Dr. Hanna Hellmann erinnern, eine berühmte Kleist-Forscherin, Journalistin und Feministin, die in Frankfurt Vorträge über Traumdeutung, Frauenarbeit und das Frauenstimmrecht hielt. Sie war mit Else Lasker-Schüler, Martin Buber, Magnus Hirschfeld und vielen anderen größtenteils jüdischen Intellektuellen ihrer Zeit befreundet. Nach dem Tod ihrer Mutter soll sie in eine psychische Krise geraten sein, worauf man sie in verschiedene psychiatrische Kliniken einwies, zuletzt (1939) in die Jacoby’schen Anstalten in Bendorf-Sayn. Dort malte sie Hunderte farbiger Blumenbilder, die sich heute in der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg befinden. „Was ich zu sagen hab‘, sagen die Bilder“, schrieb sie in einem Brief an ihre Schwester Lilly. Im Juni 1942 wurde sie nach Koblenz-Lützel deportiert und von dort ins Vernichtungslager Sobibor.
Wir wollen an den Dichter Jakob van Hoddis [d.i. Hans Davidsohn] erinnern, einen expressionistischen Lyriker, der vor allem durch sein Gedicht „Weltenende“, das er 1911 in der Zeitschrift „Der Demokrat“ veröffentlichte, berühmt wurde. Weitere Texte publizierte er in der Zeitschrift „Die Aktion“ des Franz Pemfert. Der Dichter Jakob van Hoddis wurde 16.Mai 1887 als Hans Davidson in Berlin geboren und wuchs dort auf. Er studierte in Jena und Berlin klassische Philologie. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung hielt er sich ab den frühen 1920er Jahren in verschiedenen Kliniken auf und wurde 1933 Patient in den Jacoby’schen Anstalten in Bendorf-Sayn. Dort konzentrierten die Nationalsozialisten ab 1940 den größten Teil von jüdischen psychiatrischen Patienten aus dem Reichs, um sie danach in Konzentrationslager zu transportieren. Jakob van Hoddis widerfuhr das gleiche Schicksal. Am 30.April 1942 erfolgte seine Deportation nach Osten, wo er im Mai oder Juni [vermutlich] im KZ Sobibor von Nationalsozialisten ermordet wurde.
Veranstaltungsort: Gebäude der ehemaligen Jacoby’schen Anstalten, Koblenz-Olper Straße 39
56170 Bendorf-Sayn
Datum: 8.Mai 2025, 19:00 Uhr
Eintritt: frei
Mitwirkende: Dr. Eva Weissweiler, Schriftstellerin (Moderation); Dr.Gudrun Jaeger, Germanistin [Hanna Hellmann]; Renate Rosenau, Historikerin und Zeitzeugin [Jakob van Hoddis].
Musikalische Begleitung: Der Komponist Joachim Kubowitz, [Gesang und Gitarre] wird das für diesen Tag bearbeitete Lied „Mai 45“ von Paul Kuhn und Curth Flatow und seine Text-Vertonungen von Jakob van Hoddis uraufführen.
Die Veranstaltung wird gefördert von der Landeszentrale für Politische Bildung [RLP], der Sparkasse Koblenz, der Christlich-Jüdischen Gesellschaft Koblenz e.V. und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft [ver.di].