Neuwieder Nerze starten ins Wiederansiedelungsprojekt
Neuwied, 10. September 2025 – Ende Mai erblickten sie im Zoo Neuwied das Licht der Welt, nun sind sie bereits auf dem Weg in ein neues Leben: Die vier jungen Europäischen Nerze, die im Sommer für große Freude im Zoo sorgten, wurden Ende August vom Verein EuroNerz e.V. abgeholt. Zunächst führt ihre Reise in den Zoo Tallinn in Estland. Die jungen Nerze sollen Teil eines Wiederansiedlungsprojektes werden, welches vom Zoo Tallin aus koordiniert wird und die vom Aussterben bedrohte wilde Population der letzten Europäischen Nerze sichern und verstärken soll.
„Bevor in menschlicher Obhut gezüchtete Tiere jedoch in die Natur entlassen werden können, ist einiges an Vorbereitung nötig“, weiß Petra Becker, die als Revierleiterin im Raubtierrevier des Zoo Neuwied die jungen Marder von ihrer Geburt bis zu ihrer Abreise gepflegt hat. „Vor allem müssen die Tiere vor ihrer Auswilderung lernen, sich selbst zu versorgen, also lebende Beutetiere zu fangen. Die Fütterung von Zootieren mit lebender Beute ist durch das Tierschutzgesetz verboten und nur mit Ausnahmegenehmigung erlaubt, die nur mit besonderer Begründung erteilt wird, zum Beispiel wenn es eben um eine Wiederansiedelung in die Natur geht. Daher haben die Nerze bei uns noch keine lebende Beute kennen gelernt.“ Wenn die zwei jungen Nerzrüden und ihre beiden Schwestern in Tallin unter kontrollierten Bedingungen zu erfolgreichen Jägern geworden sind sollen sie in geeignete Habitate aus der estländischen Insel Saarema entlassen werden um die noch immer stark gefährdete wilde Population zu stärken.
„Es ist schön zu wissen, dass unsere Nachzuchten nun ganz konkret zum Erhalt dieser faszinierenden Art beitragen“, freut sich die Tierpflegerin. Gleichzeitig macht sie sich auch Gedanken um ihre Schützlinge: „Eines der Jungtiere war von klein auf besonders neugierig und hat keinerlei Scheu gezeigt, sondern sogar häufig den Kontakt zu uns gesucht. Da macht man sich natürlich Gedanken, ob es im Auswilderungsgebiet womöglich zu Konflikten mit Menschen kommen könnte. Zum Glück wird das Wiederansiedelungsprojekt mit einem Monitoring begleitet, sodass in so einem Fall eingegriffen und das betreffende Tier zurück in menschliche Obhut genommen werden kann.“ Becker und ihre Kollegen hoffen, über den Erfolg der Wiederansiedelung auf dem Laufenden zu bleiben, da die Verantwortlichen bei EuroNerz e.V. in Aussicht gestellt haben, Updates über die Entwicklung des erst 2024 gestarteten Projektes in Saaremaa mit den projektbeteiligten Haltern zu teilen.
Auch die Mutter der vier Nerze hat Neuwied inzwischen verlassen: Sie wurde in die Zuchtstation von EuroNerz e.V. gebracht, um dort für eine erneute Verpaarung eingesetzt zu werden. Die Nerz-Anlage im Zoo Neuwied bleibt jedoch nicht leer – über den Winter ist ein neuer Rüde eingezogen, den Becker kurzerhand „Karl-Heinz“ getauft hat. Wie alle seine Vorgänger hat auch er schnell einen Baumstumpf in der Mitte der Anlage zu seinem Lieblingsplatz erkoren. Aus dem Loch in dessen Mitte heraus kann er gut geschützt die Besucher beobachten und hält dort die Stellung, bis er im Frühjahr erneut den Platz tauscht mit einer gedeckten Nerzfähe.
„Dass wir als Zoo ganz direkt Teil dieses europaweiten Artenschutzprojektes sind, macht mich stolz“, so Becker. „Wer weiß – vielleicht gründen unsere vier ersten Neuwieder Nerze in Estland schon bald eigene Familien.“