Pressemitteilung Nr. 17/2025
Der Eilrechtsschutzantrag einer Privatperson gegen die Schließung des Klinikums Mittelmosel in Zell bleibt ohne Erfolg. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Der in der Verbandsgemeinde Zell wohnhafte Antragsteller beantragte Anfang Juni beim Verwaltungsgericht Koblenz, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass bei der vorgesehenen Schließung des Klinikums Mittelmosel in Zell zum 30. Juni 2025 keine ausreichende Notfallversorgung für ihn mehr bestehe. Mit Beschluss vom 26. Juni 2025 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab (vgl. Pressemitteilung Nr. 17/2025 des Verwaltungsgerichts Koblenz). Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde des Antragstellers wies das Oberverwaltungsgericht zurück. Zur Begründung führte es aus:
Es könne mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, ob der Antrag zulässig sei, insbesondere ob eine einstweilige Anordnung mit der begehrten vorläufigen Feststellung auch noch nach Schließung des Klinikums in Zell statthaft sei. Denn der Antrag habe jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit habe, folge zwar eine objektivrechtliche Schutzflicht des Staates. Bei der Erfüllung ihrer Schutzpflichten komme den staatlichen Stellen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch ein erheblicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Eine Schutzpflichtverletzung könne daher nur dann festgestellt werden, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen worden seien, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückblieben. Es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass dies nach Schließung des Klinikums Mittelmosel in Zell der Fall sei.
Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt habe, stehe dem Antragsteller in Simmern ein Krankenhaus mit einer Basis-Notfallversorgung zur Verfügung, das er in ca. 25 Minuten mit dem Wagen erreichen könne. Weiterhin befinde sich in einer Entfernung von ca. 30 Minuten das Krankenhaus in Cochem, welches ebenfalls über eine Notaufnahme verfüge. Diese Notfallversorgung werde ergänzt durch das ambulante Gesundheitszentrum in Zell. Außerdem stehe eine Versorgung von Schlaganfall- und Herzinfarktpatienten durch das Krankenhaus in Wittlich zur Verfügung, bei dem eine zertifizierte Stroke Unit vorhanden sei und sowohl Schlaganfälle als auch kardiologische Notfälle häufig behandelt würden.
Ohne Erfolg mache der Antragsteller hiergegen geltend, es bestehe nach der Schließung des Klinikums im Zell für ihn keine ausreichende Notfallversorgung mehr insbesondere bei einem Verdacht auf Schlaganfall, weil die Krankenhäuser in Simmern und Cochem ebenso wie das ambulante Gesundheitszentrum in Zell über keine Stroke Unit für Schlaganfallpatienten verfügten und das Krankenhaus in Wittlich zwar eine solche Stroke Unit besitze, aber von ihm nur mit einer Fahrzeit von etwa 47 bis 60 Minuten zu erreichen sei. Wie sich aus dem Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung ergebe, dürfe die maximale Fahrzeit bei einem medizinischen Notfall wie Schlaganfall und Herzinfarkt indes nur 30 Minuten dauern.
Das vom Antragsteller angeführte Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung definiere lediglich Ziele, die als Grundlage für Strukturanforderungen dienten, und Empfehlungen zur Strukturplanung, es definiere hingegen nicht das zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an staatlichen Vorkehrungen für die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung, insbesondere bei Verdacht auf einen akuten Schlaganfall oder Herzinfarkt. Es werde in diesem Eckpunktepapier zwar empfohlen, dass bei Schlaganfallpatienten die sogenannte Prähospitalzeit vom Anruf in der Leitstelle bis zum Eintreffen im Krankenhaus so kurz wie möglich – maximal 60 Minuten – sein sollte und die Zielklinik über eine zertifizierte Stroke Unit verfügen sollte. Es lasse sich ihm jedoch nicht entnehmen, dass in einer Region, in der im Einzelfall je nach Lage des Wohnortes – wie vom Antragsteller in seinem Fall geltend gemacht – bei Verdacht auf einen akuten Schlaganfall in der wünschenswerten Prähospitalzeit von 60 Minuten lediglich ein Krankenhaus ohne Stroke Unit, aber nicht das wünschenswerte Zielkrankenhaus mit einer Stroke Unit zu erreichen sein sollte, die Vorkehrungen zur Notfallversorgung als völlig unzulänglich oder als erheblich hinter dem gebotenen Schutzziel zurückbleibend zu qualifizieren wären.
Beschluss vom 4. September 2025, Aktenzeichen: 7 B 10795/25.OVG