Auf ihrer ebenfalls im Neuwieder Heimathaus stattgefundenen Veranstaltung vor der letzten Bundestagswahl brachte die AfD ihr damaliges zentrales Anliegen zum Ausdruck, mindestens ein Viertel der Bundestagsabgeordneten zu stellen, um dann durch das Einfordern von Untersuchungsausschüssen den Bundestag quasi lahmzulegen. Diesmal lag der Schwerpunkt auf Europa, weil diese Partei durch das Erstarken rechtsgerichteter und als rechtsextremistisch eingestufter Parteien in Europa Morgenluft wittert. Auch wenn alle Positionen der AfD offen zur Sprache kamen, gab sie sich jetzt im Heimathaus weniger aggressiv als bei der Veranstaltung vor der Bundestagswahl.
So beschränkte sich Jan Bollinger, der Landesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag, darauf, sich lediglich mit seinem Spruch selbst zu zitieren, Menschen im Stundentakt per Abschiebeflug zu deportieren, „bis die Startbahnen glühen“, und er erlaubte sich den Scherz, er verzichte jetzt auf derartige Sprüche nicht deswegen, weil ein Zeitungsredakteur im Raum sei. Diese Art der Mäßigung, ohne allerdings jegliche inhaltlichen Abstriche vorzunehmen, hing wahrscheinlich damit zusammen, dass zur Morgenluft auch die für diese Partei günstigen Umfragen gehören, so dass es darüber hinaus angesichts neuer Abstimmungskonstellationen im Europaparlament nicht verwunderlich war, dass die Brandmauer und deren erhoffter Fall oft angesprochen wurde.
Dass die AfD ihren Bezug zur oft als rechtsextreme Resterampe bezeichneten kleinsten Fraktion im EU-Parlament, Europa der Souveränen Nationen (ESN), auf ihrer Veranstaltung herausstellte,wirkte deshalb merkwürdig, weil die belgische Partei Vlaams Belang überhaupt keine Partnerpartei der AfD ist, sondern im Europaparlament der konkurrierenden Rechtsaußen-Fraktion Patrioten für Europa angehört. Außerdem wurde diese Partei aus dem Nachbarland im Heimathaus lediglich durch eine doch eher kurze Videobotschaft des Fraktionsvorsitzenden im flämischen Parlament, Filip Dewinter, präsentiert, während der real im Heimathaus anwesende Werner Marginet zwar in der Vergangenheit für Vlaams Belang im Parlament war, aber schon seit 2016 der Liebe wegen in Rheinland-Pfalz lebt und aktives Mitglied der AfD ist. Wie er im Heimathaus damit kokettierte, dass und warum er nicht abgeschoben werden könnte, hatte sogar eine gewisse Entertainer-Qualität. Blickt man indes durch die „Björn-Höcke-Brille“, könnte man Werner Maginets Darbietung auch als albern bezeichnen. Denn wieso sollte die AfD ausgerechnet einen Flamen abschieben, dessen Muttersprache belgisches Standardniederländisch, eine dem Deutschen sehr nahe germanische Sprache, ist?


