Die Firma Hollyfood in Bad Hönningen hat gute Erfahrungen damit gemacht, beeinträchtigte Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.
Fotos: Julia Steffenfauseweh
An die Siegelmaschine darf nicht jeder Mitarbeiter. Da sind Genauigkeit gefragt, Ruhe und Sorgfalt. Neue Schalen mit fertig zubereitetem Essen so zu versiegeln, dass alles perfekt aussieht und frisch bleibt – das ist Jakobs Lieblingsarbeit. Seit knapp zwei Jahren arbeitet der 32-Jährige bei der Firma Hollyfood in Bad Hönningen. Heute steht die Siegelmaschine still, erst einmal muss der schockgefrostete Spinat verpackt und für den Transport in ein Restaurant vorbereitet werden. Auch diese Arbeit nimmt Jakob sehr genau. Er ist einer von 40 Mitarbeitenden in dem Unternehmen, das seit 40 Jahren als „Foodmanufaktur“ für Kunden in ganz Deutschland tätig ist.
Unter seinen Kolleginnen und Kollegen fällt er nicht auf – er ist ein Allrounder wie alle anderen. Bis vor zwei Jahren war Jakob in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Neuwied beschäftigt. Jetzt arbeitet er als voll integrierte Fachkraft auf dem ersten Arbeitsmarkt und seine Chefs wollen ihn nicht mehr missen.
„Er bereichert unser Team und ist eine Arbeitskraft, die wir so leicht nicht ersetzen könnten“, sagt Carsten Kley. Der Niederlassungsleiter von Hollyfood gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er von Jakob und seinem Kollegen Luca Lindemann erzählt. Genauigkeit, Zuverlässigkeit und der unbedingte Willen, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen, zeichnen die beiden aus. Während Jakob über das „Budget für Arbeit“, einer Eingliederungshilfe des Sozialhilfeträgers, offiziell auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig ist, hat Luca Lindemann (noch) einen so genannten Außenarbeitsplatz. Das bedeutet, dass er in der Werkstatt des Heinrich-Hauses beschäftigt ist, allerdings jeden Tag in den Betrieb geht. Heute bereitet er Möhren und Sellerie für ein Gericht vor, das dann fertig gegart und verpackt an den Großkunden geliefert wird. Genau wie sein Kollege Jakob hat er ein mehrmonatiges Praktikum bei Hollyfood absolviert, bevor die nächsten Verträge geschlossen wurden.
„Risiko? Es gibt kein Risiko. Manchmal scheint es mir, dass vielen Unternehmen nicht klar ist, wie einfach das ist“, sagt Personalchefin Nicola Gabler. Durch den intensiven Austausch mit dem Integrationsmanagement und den zuständigen Behörden seien die Einarbeitung und die Einstellung überhaupt kein Problem gewesen. „Die beiden brauchen keine Sonderbehandlung und nehmen ihre Aufgabe sehr ernst. Sie sind ein absoluter Gewinn für unser Unternehmen.“
„Die Firma Hollyfood ist wirklich ein Vorbild in Sachen Integration“, spricht Christian Albert aus Erfahrung. Als Leiter der Versorgungsbetriebe im Heinrich-Haus hat er schon viele Auszubildende und Werkstattbeschäftigte in Küche und Wäscherei begleitet – und einige davon gemeinsam mit seinen Kollegen aus dem Bereich „Integrationsmanagement“ in Firmen vermittelt. „Ob Praktikum, Außenarbeitsplatz oder Budget für Arbeit: Wir unterstützen Auszubildende und Beschäftigte der Werkstätten, die in den ersten Arbeitsmarkt einsteigen möchten. Wir begleiten den gesamten Integrationsprozess und helfen Menschen und Unternehmen dabei, zueinanderzufinden“, erklärt Thomas Becker. Als Integrationsbegleiter unterstützt er auch Jakob und Luca Lindemann auf ihrem Weg.
Die beiden sind ein Glücksfall für Hollyfood, sagt Carsten Kley. Doch sie sind kein Einzelfall. Auch andere Unternehmen in der Region haben mittlerweile erfolgreich Arbeitskräfte eingestellt, die viel mehr als nur der Erfüllung von Quoten dienen. Geschäftsführerin Nane Hartmann von der „Gebensfreude“ in Sinzig hat Jack Miao erfolgreich einen neuen Kaufmann im E-Commerce gewonnen, und die Wirtgen Group arbeitet seit Monaten eng mit der Heinrich-Haus-Werkstatt in St. Katharinen zusammen mit dem Ziel, neue Angestellte für das Werk in Windhagen zu finden. Das enorme Potenzial, das Menschen mit Behinderung gerade in Zeiten des Fachkräftemangels bieten, wird nach und nach bekannter. „Ich bin weit gekommen. Hier ist der richtige Platz für mich“, sagt Jakob stolz.
Unternehmen, die Interesse daran haben, Werkstattbeschäftigte des Heinrich-Hauses oder Auszubildende aus dem Berufsbildungswerk Neuwied kennenzulernen, sind eingeladen, sich mit dem Integrationsmanagement des Heinrich-Hauses in Verbindung zu setzen. Hier erhalten sie Unterstützung und Beratung, wie sie Menschen mit Behinderungen erfolgreich in ihren Betrieb integrieren können. Bei Interesse melden Sie sich bitte bei Christiane Kahlert: christiane.kahlert@heinrich-haus.de, Tel: 02622 892-4202.