Internationale Handwerksorganisationen der Großregion führen ihre Vollversammlung bei der Handwerkskammer Koblenz durch / Landtagspräsident Hendrik Hering sieht große Chancen als Modellregion
KOBLENZ. - Foto-Quelle: HwK Koblenz (Jörg Diester) - Das Handwerk in der Großregion ist seit 1989 über den Interregionalen Rat der Handwerkskammern (IRH) grenzüberschreitend organisiert. Er vertritt die Interessen von rund 295.000 Betrieben mit etwa 825.000 Beschäftigten und 33.000 Auszubildenden. Der IRH ist ein Zusammenschluss von acht Handwerkskammern und Organisationen aus Luxemburg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, der Region Grand Est (Frankreich) und der Wallonie (Belgien). Diese Form der Zusammenarbeit ist einzigartig in Europa. Der Sitz des IRH ist in Luxemburg, das Generalsekretariat bei der Chambre des Métiers de Luxembourg angesiedelt.

Jüngst fand die IRH-Vollversammlung bei der Handwerkskammer (HwK) Koblenz statt.

Die IRH-Gremien – Präsidenten, Hauptgeschäftsführer und Experten – treffen sich regelmäßig. Im Dezember 2024 gab es einen Runden Tisch in Brüssel, im März 2025 fand die Europäische Handwerkskonferenz in München statt, nun die Vollversammlung im Metall- und Technologiezentrum der HwK Koblenz. Zu der begrüßte Kammerpräsident Kurt Krautscheid die Gäste, darunter den rheinland-pfälzische Landtagspräsidenten Hendrik Hering, der die Bedeutung des Handwerks für ein starkes Europa hervorhob.
Kurt Krautscheid unterstrich nach einer kurzen Präsentation der neuaufgelegten Imagekampagne des deutschen Handwerks, dass diese Außendarstellung mit dem Motto „Wir können alles, was kommt“ zeigt, „was unser Handwerk ausmacht: Können, Leidenschaft, Verantwortung – und die feste Überzeugung, dass wir alle gemeinsam an der Zukunft unserer Gesellschaft mitarbeiten. Es ist ein Bekenntnis: Das Handwerk gestaltet Zukunft. Und das gilt nicht nur auf lokaler oder nationaler Ebene – sondern ganz besonders in Europa.“
Was Hendrik Hering in seiner Rede aufgriff und die Bedeutung des IRH deutlich herausstellte: „Wir sind eine Modellregion für Europa, die beweist, wie eine länderübergreifende Zusammenarbeit funktionieren kann. Man kann viel daraus lernen, gerade mit Blick auf Probeläufe minimaler Bürokratie und reduzierter Auflagen mit EU-Standards, die enorm hohen Praxisbezug haben.“ Das Handwerk in der Großregion beschrieb er als bedeutenden Wirtschaftsfaktor und einen Garant für Stabilität und demokratische Werte.

Die IRH-Vertreter von acht Handwerkskammern und Organisationen aus Luxemburg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, der Region Grand Est (Frankreich) und der Wallonie (Belgien) bei der Handwerkskammer Koblenz als Gastgeber der Vollversammlung. Foto-Quelle: HwK Koblenz (Jörg Diester)

In Zeiten politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit erweist sich das Handwerk als verlässlicher Stabilitätsanker. Familiengeführte Betriebe vermitteln Werte wie Verlässlichkeit, Verantwortung und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
IRH-Präsident Philippe Fischer verwies in seiner Rede auf aktuelle Herausforderungen wie geopolitische Spannungen, den Aufstieg extremistischer Strömungen und internationale Handelskonflikte. „Das Handwerk steht für zentrale gesellschaftliche und europäische Werte", so Fischer. Im Gegensatz zu vielen Großkonzernen zeige es Verantwortung, Innovationskraft, Nachhaltigkeit und soziale Integration.
Philippe Fischer forderte bessere Rahmenbedingungen für das Handwerk: „Grenzkontrollen, aggressives Konkurrenzverhalten, Fachkräfteabwerbung und zunehmende Baustellenkontrollen beeinträchtigen die Arbeit vieler Betriebe.“ Die Politik müsse jeglicher grenzüberschreitenden Diskriminierung entgegentreten und die Freizügigkeit des EU-Binnenmarktes verteidigen.
Die auf der Europäischen Handwerkskonferenz formulierten politischen Forderungen müssen nun zügig umgesetzt werden: die Sicherung von Fachkräften und Erhalt hoher Qualitätsstandards, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zwischen Wachstum und bewährten Geschäftsmodellen sowie die Unterstützung des ökologischen Wandels über reine Zielvorgaben hinaus.

Landtagspräsident Hendrik Hering (2.v.l.) im Gespräch mit (von rechts) Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich, Präsident Kurt Krautscheid (beide HwK Koblenz), IRH-Präsident Philippe Fischer (Frankreich) und IRH-Generalsekretär Marc Gross (Luxemburg). Foto-Quelle: HwK Koblenz (Jörg Diester)

Die neue EU-Omnibusverordnung zur Reduktion bürokratischer Lasten wird als Erfolg der gemeinsamen Lobbyarbeit gewertet. Präsident Fischer betonte: „Die Klein- und Mittelunternehmen stellen rund 99 Prozent der Wirtschaftsunternehmen in der EU. Wir setzen darauf, dass die Europäische Kommission und das Europäische Parlament den Mittelstand, das Handwerk wieder in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen. Das Omnibus-Paket I und II ist dabei ein guter Ansatz, denn es bündelt effektiv Maßnahmen zur Vereinfachung und Reduzierung von Berichtspflichten für Unternehmen in der EU. Ziel ist es, die Wirtschaft von Verwaltungskosten in Höhe von über 6 Milliarden Euro zu entlasten.“
Hering forderte in diesem Zusammenhang auch ein Umdenken in den Behörden: Zwar sei die Regelungsdichte, die Zahl der Vorschriften aus Europa, dem Bund und zum Teil des Landes, in den letzten Jahren nicht massiv gestiegen, doch mangele es an Entscheidungsmut in den Verwaltungen. Statt Verantwortung zu übernehmen, würden zu oft Gutachten eingeholt. „Hier kann die Verwaltung von Familienbetrieben lernen, die täglich Entscheidungen treffen müssen.“
Ansprechpartnerin für internationale Angelegenheiten mit dem Schwerpunkt Europa ist bei der Handwerkskammer Koblenz Christiane Zügner, Tel. 0261/ 398-241, christiane.zuegner@hwk-koblenz.de